Altstadtfest, Friedberger Zeit 2016

Kaminkehrer

Kaminkehrer

Nach einem Seelenbeschrieb in der Stadt Friedberg 1789 hatte die Stadt für 321 bürgerliche Haushalte einen Kaminkehrer. Die Ofenanlagen in den Küchen des 18. Jahrhunderts waren, wie aus den Grundrissen zu ersehen ist, recht groß und gemauert. Darüber befand sich ein offener Kamin. Die dazugehörenden Kochgeschirre waren im vorigen Museum zu sehen: der Dreifuß, ein Eisenring mit drei nach außen gebogenen Füßen, als Pfannenknecht mit einer Haltevorrichtung für den Pfannenstiel, der Pfannenschragen mit vier Füßen, der mechanischer Spieß für das Geflügel u. s. w. Der Rauchfang und der Kamin dieser offenen Feuerstellen waren, wenn sie nicht gereinigt wurden, brandgefährlich. Eine kurfürstliche Verordnung vom 3. Februar 1731 hatte schon die Feuerbesichtigung angeordnet. Vielerorts waren umherziehende Kaminkehrer aus dem Tessin, aus Savoyen, Piemont und Graubünden, tätig. Friedberg war fortschrittlich und hatte seit der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg immer einen eigenen Kaminkehrer, wie aus den Einbürgerungsurkunden zu erfahren ist. 1688 verheiratet sich Silvest Lorenz, Kaminkehrer aus Reichenhall, mit der Witwe des verstorbenen Kaminkehrers, dessen Name wir nicht kennen. Diese Witwe heiratet zwei Jahre später, 1690, Joseph Ferar, Kaminkehrer von Schrobenhausen. 1702 bittet Joseph Ferar um die Einbürgerung für seine zweite Ehefrau Ableither Elisabeth. 1732 ist sie Witwe. 1733 wird ein Michael Ferar als Kaminkehrer genannt. 1742 heiratet Mathias Bonnetta, Kaminkehrergeselle von Mering, die Kaminkehrerswitwe Ferari. 1776 übernimmt der Kaminkehrerssohn Ferari Sebastian, selbst Kaminkehrer, die elterliche Behausung und heiratet die Uhrmacherstochter Johanna Happacher. 1789 lesen wir, dass sich Peter Zistler Kaminkehrer von Traitsching aus dem Gericht Cham mit der Huckerstochter Katharina Kopp verheiraten will. 1830 wohnt Kaminkehrer Johann Zistler im Haus Nr. 125 (Bauernbräustr 2). 1851 will Joseph Ost, Kaminkehrerssohn von Augsburg, die Maurermeisterstochter Karolina Hengl aus Dachau ehelichen. Er wird Kaminkehrermeister und wohnt im Haus Nr. 323 2/3. Der hiesige Kaminkehrermeister Karl Sommer, geb. 19.6. 1871, heiratet am 23.7.1895 Wilhelmine Auguste Bergthold von Aystetten und wohnt im Haus Aichacher Str. 2. (Angaben nach Ingo Aigner, Friedberger Bürgerbuch, Friedberg 2011)

Wie mühsam und beschwerlich das Reinigen der Kamine war, beschreibt Abraham a Santa Clara: “ „… und ist fürwahr nicht eine leichte Sach, indem andere zum Steigen die Füß brauchen, diese aber die Knie, womit sie so wunderbarlich in alle Höhe hinauf klettern, und mit ihrer Arbeit, Fleiß und Obsorg denen gefährlichen Feuers-Brunsten wissen vorzubiegen“.

So wie ihre Kollegen im 18. Jahrhundert steigen Kaminkehrermeister Enis Sagi und seine Kollegen beim Stadtfest „Friedberger Zeit“ in einem eigens für sie gebauten Kamin in die Höhe und blicken auf die Festbesucher mit ihrem Reisigbesen herab. Als Glücksbringer erfreuen sie jeden, der sie am Ärmel berührt.

Ihr Schutzpatron ist der hl. Florian.



Gabriele und Dr. Hubert Raab
Historische Berater der Friedberger Zeit