Die Uhrmacherstadt – „Friedberger Zeit“

Die Uhrmacherstadt – „Friedberger Zeit“

Kaum daß man Augsburg verlassen hat, beginnt Bayern und man kommt durch Friedberg, einen bayerischen Ort auf einem Berg, wo sie Unmengen von Uhren herstellen, schreibt Kardinal Garampi von einer Reise 1761 von Augsburg nach München.

Die Uhrenproduktion hatte zwar schon am Ende des 16. Jahrhunderts begonnen, war dann aber durch die Pest 1599 und den Dreißigjährigen Krieg jäh unterbrochen worden. Doch es waren vor allem die Uhrmacher, die bald nach dem Ende des Krieges Friedberg wieder aufbauten und der Stadt von etwa 1745 bis 1800 eine ungeahnte Blütezeit brachten. Erst der Beginn der mechanischen Fertigung in der Schweiz, in Paris und London führte zum Niedergang dieses Gewerbes in Friedberg. Wir kennen heute die Namen von etwa 375 Uhrmachern, 18 Federmachern, Gehäusemachern, Uhrkettenmachern und 34 Gold- und Silberschmieden, die in Friedberg arbeiteten. Sie fertigten Taschenuhren (Sackuhren), Tischuhren, Stutzuhren (gekürzte Standuhren), Telleruhren, Automatenuhren, Kutschenuhren, Halsuhren und Kompassuhren. Friedberg war auch Zentrum für Kloben und Spindelbrücken, die sich nicht nur in Augsburger, sondern auch in englischen, französischen und schweizer Uhren finden.

Der Benediktinerpater Konstantin Stampfer hatte 1784 in einer Reisebeschreibung über Friedberger Uhren und Uhrmacher angemerkt: (Friedberg) hat 63 Werkstätten, woraus viele hundert Uhren nach Paris und London geschickt und dann wieder, nachdem sie Namen London oder Paris in der Fronte tragen, wiederum nach Deutschland zurück rollieren.- Der Pater hatte also gemerkt, dass viele Friedberger Uhren eine fremde Herkunftsbezeichnung trugen. Er hatte aber wohl den Sinn nicht verstanden. Im 18. Jahrhundert hatten zunehmend ausländische Produkte den bayerischen, vermutlich auch deutschen Markt überschwemmt. Die einheimischen Meister gerieten in Schwierigkeiten. Auch Forderungen beim Kurfürsten nach einer Begrenzung der Einfuhr ausländischer Erzeugnisse und Hilfe für den einheimischen Markt halfen wenig. Deshalb kamen die Friedberger Uhrmacher auf den Gedanken, ihre Uhren „ausländisch zu machen“, indem sie ein Ananym ihres Namens wählten und die Herkunft London oder Paris eingravierten. So drehte z.B. der Uhrmacher Joseph Spiegel seinen Namen einfach um, als würde er in einen Spiegel sehen und schrieb (also "spiegel"-verkehrt) auf seine Uhren „Joseph Legeips, London“. Französisch bezeichnete er sich auch als Joseph Miroir Paris. Andere Friedberger Meister machten es ihm nach und schrieben auf ihre Uhren Ysorb statt Brosy, Drakrup Paris statt Burckhard, Leir Momis statt Riel Simon, Reheappah London statt Happacher, Rellahel statt Schaller, Rengaw statt Wagner oder einfach Eckert London.

Wie der Pater angemerkt hatte, verkauften sie alle Unmengen von Uhren. Allein der Uhrmacher Happacher lieferte 1792 Uhren für 100 000 Gulden in viele europäische Städte, nach Salzburg, Amsterdam, München, Berlin, Prag, Wien, Bern, Frankfurt, Warschau, Danzig, Laibach und Eger, wie er in einem Tagebuch aufschrieb.

Trotzdem konnte der Untergang des Friedberger Gewerbes nicht aufgehalten werden. Viele junge Friedberger Uhrmacher wanderten ab, vor allem Richtung Osten und Südosten. Wir finden sie mit ihren Uhren in Wien, Prag, Ofen, Raab (Ungarn), Brünn, Pest, Graz, Tholnau (Ungarn), Mautern (Steiermark) und vielen weiteren Orten.

(aus: Hubert Raab, Friedberg erleben, Mering 2010)

Auf dem Altstadtfest bildet der Uhrmacherstand mit Uhrmacher Dieter Sanders und Goldschmied Thomas Janota das Herzstück unserer "Friedberger Zeit". Sie überraschen die Stadtfestbesucher mit ihrem als Uhrmachermuseum gestalteten Stand und immer neuen Attraktionen, wie z. B. der Monduhr (Bild oben Mitte). Besonders beliebt ist seit mehreren Stadtfesten der Bierzähler.














Gabriele und Dr. Hubert Raab
Historische Berater der "Friedberger Zeit"