Eintrittssiegel

Eintrittssiegel

Stadtsiegel als Eintrittsberechtigung

Siegel dienen seit Jahrtausenden der Beglaubigung von Urkunden oder garantieren die Unversehrtheit eines Gegenstandes. Für die Herstellung der Siegel benötigt man einen Prägestempel mit einer konturscharfen Gravur. Dieser wird in einen weichen Klumpen von Siegellack, Wachs oder Ton eingedrückt. Das ausgeformte Siegel erhärtet und wird haltbar und gültig.

Der Siegelstempel für das Altstadtfest wird im Tresor des Bürgermeisters aufbewahrt. So übt der Friedberger Bürgermeister gleichsam als „Lordsiegelbewahrer“ ein Amt aus, das zu den ältesten Ämtern der britischen Regierung zählt.

Schon 1989 wurde für das erste Altstadtfest „Friedberger Zeit“ ein Siegelstempel von der Firma Freidl in Augsburg graviert. Damit fertigten Christa Gellner und Roswitha Haeske die Siegel, indem sie den Prägestempel in den erwärmten roten Siegellack drückten. Mädchen der städtischen Jugendkapelle verkauften die Siegel. Da der Kauf freiwillig war, hatten die Mädchen nicht den gewünschten Erfolg. Maschen aus Bändern in den Stadtfarben folgten für das zweite und dritte Stadtfest. Für ein weiteres Stadtfest war auch ein Siegel aus karminrotem Plastik in Gebrauch. Für das fünfte und sechste Stadtfest fertigte die ehemalige Stadträtin Gerda Gastl, die von Anfang an das Altstadtfest mitgestaltete und sich auch um Stoffe und Gewänder bemühte, mit befreundeten Frauen jeweils 60 000 Siegel aus Ton an. Für das siebte Stadtfest wurde das Siegel in den Ulrichswerkstätten, die seit 1979 auch in Aichach angesiedelt sind, hergestellt. Bei jedem Fest wurde eine neue Tonfarbe gewählt, die für ein Siegel passend ist.

Stadtsiegel

Das Siegel der bisherigen Eintrittsmarken war eine Nachformung des Friedberger Stadtsiegels aus dem Jahre 1340. Es zeigt ein Kreuz zwischen zwei Lilien auf einem Sechsberg. Die Umschrift lautet S. CIVITATIS DE FRIDEBERCH. Wie Reinhard Heydenreuter im Stadtbuch Friedberg auf S. 104 ausführt, handelt es sich beim Kreuz um ein Marktkreuz, das bei einer Neugründung erhöht auf dem Marktplatz errichtet wurde und „das die Marktfreiheit, den Marktfrieden sowie die Autonomie der Gemeinde symbolisiert“. Auch die Lilien als Zeichen der Gnade und der Gerechtigkeit weisen auf Friedberg als Rechtsbezirk hin. Der Dreiberg oder Sechsberg symbolisiert die Erhöhung des Marktkreuzes. Heydenreuter schreibt weiter: „1639 wird in der Umschrift des neuen Siegels endlich die Stadtqualität von Friedberg angesprochen (DER STAT FRIDBERG INSIGELL). Bereits ab 1450 ist das Siegelbild in einen Schild eingefügt.

Der gravierende Unterschied

1989 wurde das Siegel für das Stadtfest in klassischer Handgravur mit dem Sichel als Werkzeug in der kleinen Werkstadt der Firma Freidl in Augsburg/Hochfeld auf eine metallische Oberfläche eingeschnitten. Da nach dem siebten Fest alle passenden Farben für den Ton, von hell bis orange und rot, ausgeschöpft waren, mussten sich Gabriele und Dr. Hubert Raab und Christine Greinbold Gedanken über ein neues Siegel machen. Als Möglichkeiten boten sich nur ein neues Material oder eine neue Form an. Im Museum im Wittelsbacher Schloss fand sich ein ovales Stadtsiegel. Der Schild ist barock und mit C-Bögen ausgestaltet. Das Kreuz tritt gegen die naturalistisch gestalteten Lilien hervor. Dieser historische Siegelstempel wird nun in einer Kopie für das Eintrittssiegel der nächsten Stadtfeste verwendet. Da die naturalistisch gestalteten Lilienblüten nach Rücksprache mit Herrn Rudolf Schowalter von der Geschäftsleitung der Gravierwerkstätte Naujok für einen konturscharfen Abdruck in Ton zu winzig sind, empfahl Dr. Hubert Raab, statt der kleinen Lilienblüten die ursprünglich historisch korrekten Lilien zu verwenden, die auch im 1963 geschaffenen Siegel der Stadt Friedberg verwendet werden.


Für den neuen Siegelstempel wird heute Graviersoftware benützt. Die am PC Bildschirm eingegebene Zeichnung wird zum präzisen Reliefmodell. Die Lasergravur hat die Jahrhunderte alte Handgravur abgelöst. Die Firma Naujok ist die letzte Gravierwerkstätte von Augsburg, die derartige Gravuren macht und Stahl- und Messingstempel herstellt. Noch vor 35 Jahren gab es in Augsburg eine eigene Schule für Graveure. Jede Klasse hatte 30 bis 40 Schüler. Im Jahre 2009 gibt es in ganz Bayern nur noch fünf Lehrlinge für diesen Beruf.

Die Herstellung der neuen Tonsiegel übernahmen für die Stadtfeste 2010 und 2013 wieder die Ulrichswerkstätten, die in Aichach, die 250 Mitarbeiter beschäftigen. Der neue Entwurf gefällt dem Werkstattleiter Wolfgang Harter sogar noch besser. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Abteilung Leichtmontage, die ohne Maschinen meist mit dem Verpacken von Gegenständen beschäftigt sind, fertigten unter der Obhut von Frau Moll mit großer Fingerfertigkeit die Siegel an. Sie rollten den Ton aus, drücken den Siegelstempel in den Ton und stachen mit einer kreisenden Handbewegung das Siegel aus. Auch das kleine Loch für die Bändchen musste richtig eingestochen werden. Die dazu nötigen Formteile wurden auch in den Ulrichswerkstätten hergestellt. Nach drei Tagen Trockenzeit wurden die Siegel gebrannt und die Umhängebändchen eingezogen. 2016 teilten sich die Ulrichswerkstätten in Aichach die Fertigung mit den Herzogsägmühler Werkstätten. Im Jahr 2019 waren es dann nur noch die Herzogsägmühler Werkstätten, die die Siegel produzierten. Jedes Siegel ist Handarbeit und man sieht die Individualität. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern macht diese Arbeit große Freude.

Es wäre schön, wenn die Friedberger sich beim Kauf des Siegels an die lange Geschichte der Herstellung erinnern.










2023


Gabriele und Dr. Hubert Raab, Historische Berater des Altstadtfestes "Friedberger Zeit"