Der letzte Sonntag beim historischen Altstadtfest Friedberger Zeit

Der historische Pilgerzug

Der historische Pilgerzug

Pilgerweg und Pilgerzug von der Stadtpfarrkirche nach Herrgottsruh

Vor 1400 pilgerte ein Friedberger in das Heilige Land. Als er auf der Rückkehr „von den Türken“ gefangen wurde und in eine lebensbedrohliche Gefahr geriet, gelobte er, bei gesunder Heimkehr eine Kapelle zu errichten. Glücklich in die Heimat zurückgekehrt, baute er eine exakte Nachbildung der Grabeskapelle von Jerusalem außerhalb der Stadt Friedberg. Er übertrug genau die Länge der Via Dolorosa vom Haus des Pilatus zur Kreuzigungsstätte auf den heimischen Kreuzweg vom Münchner Tor an der östlichen Stadtmauer zur Herrgottsruhkirche. So hatten auch die Menschen, die es sich nicht leisten konnten, selbst nach Jerusalem zu pilgern, Gelegenheit, dem Leidensweg Jesu so nah wie möglich zu sein.

An diesem Weg standen in Friedberg bis ca 1780 in drei gemauerten „Säulen“ die drei Kniefälle, die 3. Station, die 7. Station und die 9. Station des Kreuzweges.

Der erste Kniefall befand sich, nicht weit vom Stadttor entfernt, an der Südostecke des heutigen Lohmüllergartens, der zweite an der Abbiegung von der Aichacher Straße in die Herrgottsruhstraße und der dritte auf einem kleinen Hügel.

Beim 6., 7. und 8. Stadtfest haben sich Friedberger Handwerker auf die Anregung von Hubert und Gabriele Raab hin bereit erklärt, die drei Kniefälle in Gemeinschaftsarbeit wieder herzustellen und zu errichten. Der dritte wurde 2004 vor Herrgottsruh eingeweiht, der zweite 2007 vor dem Krankenhaus und der erste Kniefall beim 8. Stadtfest im Jahr 2010 bei der Ludwigsapotheke.

An „historischen“ Kreuzgängen und Prozessionen von der Stadtpfarrkirche nach Herrgottsruh sind in den Kirchenbüchern festgehalten:

- Am Dienstag in der Bittwoche ging man mit dem Kreuz nach Herrgottsruh.

- Im Jahr 1729 fand zur Abwendung einer Viehseuche eine Prozession nach Herrgottsruh statt.

- Im Jahr 1758 ist auf Anordnung „unsers durchl. Fürsten und Bischofes“ zur Abwendung der allgemeinen Not ein Bitt- und Kreuzgang nach Herrgottsruh anberaumt worden.   

- Im Jahr 1767 ist im Monat Juli eine Prozession nach Herrgottsruh zur Abwendung einer Viehseuche abgehalten worden.

- Im Jahr 1788, als eine Viehseuche grassierte, machten die Friedberger am 1. September in der Früh um ½ 6 Uhr einen Kreuzgang nach Herrgottsruh.

-Am 24. August, dem Fest des hl. Bartholomäus, 1797 machte die Bürgerschaft den ersten auf ewig (in perpetuum) verlobten Kreuzgang nach Herrgottsruh zum Andenken der grausigen Plünderung vom vorigen Jahr (1796 -2. Koalitionskrieg). Seit dieser Zeit wird an diesem Tag der Pfarrgottesdienst mit Predigt und Amt in der Herrgottsruhkirche abgehalten.

- Im Jahre 1802 sind alle Kreuz- und Bittgänge verboten worden. Offensichtlich ist die Prozession dabei abgekommen und wurde später nicht wieder aufgenommen. Es gab allerdings weiterhin die (1796) verlobte Messe in Herrgottsruh.

Obwohl es viele „verlobte“ Wallfahrten nach Herrgottsruh aus dem Einzugsgebiet von einer Tagesreise gibt, scheint der Pilgerweg von der Stadtpfarrkirche nach Herrgottsruh hauptsächlich von den Bürgern in ganz persönlichen Anliegen genutzt worden zu sein.

Seit dem 1. Stadtfest 1989 haben Hubert und Gabriele Raab den Pilgerzug angeregt, als Dank für die friedliche Zeit, in der unsere Stadt heute leben darf und als persönliche Bitte, die jeder Friedberger Pilger nach Herrgottsruh trägt. Am 2. Stadtfestsonntag begeben sich die Friedberger Bürger auf ihren Pilgerweg von der Stadtpfarrkirche nach der Wallfahrtskirche Herrgottsruh, auf ihrer Via Dolorosa.

Gabriele und Dr. Hubert Raab
historische Berater der Friedberger Zeit